Turniernotizen
Nach dem Comeback um
den Jahreswechsel herum bei den Turnieren in Erfurt und Verden (Niedersächsische
Landesmeisterschaft) haben Sebastian Müer und ich im ersten Halbjahr
an verschiedenen Turnieren teilgenommen, was hier kurz Revue passiert werden
soll.
1) Offene Meisterschaft
der Niederlande im Blitzschach. Dordrecht, 3. März.
Bei diesem Eintagesturnier
in unserem Nachbarland wurde der Blitzmeister der Niederlande gesucht.
In Dordrecht, in der Nähe von Rotterdam, fanden sich ca. 200 Schachfreunde
ein.
Gespielt wurden 17 Runden Blitzschach - doppelrundig! Also gegen jeden
Gegner konnte man gleich Revanche nehmen - oder aber... Viele berühmte
Namen waren am Start: Seirawan, Timman, Fressinet und Naiditsch, um nur
einige zu nennen. Das Turnier war für uns beide eher enttäuschend.
Sebastian placierte sich auf Position 30, eher normal, aber er ließ
viel liegen. Ein Rang in den Top 10 war alles andere als illusorisch.
Bilder anklicken
zur Vergrößerung. Leider nur Handy-Fotos aus Dordrecht.
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Das da Vinci-College
in Dordrecht war der Austragungsort.
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Der größere
der beiden Spielräume.
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Der spätere Turniersieger
Seirawan war Sebastians prominentester Gegner, der Favorit setzte sich
hier mit 2:0 durch. In der Schlußrunde gab es für Sebastian
ein starkes 1:1 gegen Großmeister Solodovnichenko (>2600), den er
in der ersten Partie mit einem Opfer erlegte. In der Abschlußtabelle
landete Sebastian sogar noch einen halben Punkt vor Jan Timman, der immer
als sehr starker Blitzer galt. Er erzielte 20.5 Punkte. Ich habe mich mit
15.5 ebenfalls klar unter Wert verkauft. Häufig kam ich gegen schwächere
Gegner über ein 1:1 nicht hinaus, sodaß der Gegnerschnitt schwach
blieb.
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Leider etwas unscharf,
aber wie gesagt nur Handy-Fotos:
Sebastian gegen Yasser
Seirawan.
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Vorne rechts spielt
Jan Timman, frühere Nummer 3 der Welt.
Drei Bretter weiter
hinten Sebastian vs. Solodovnichenko.
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Turnierseite: www.snelschaakmarathon.nl
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2) Neckar Open,
größtes deutsches offenes Turnier. Deizisau (Stuttgart), 5.-9.
April (Ostern).
Nach 2011 waren wir
zum zweitenmal beim größten Open Deutschlands am Start. 700
Teilnehmer in einer Turnhalle (und einem kleinen Nebengebäude), vier
Toilettenkabinen und ein enger Zeitplan ergaben wie im
Vorjahr ein stressiges Turnier. Es lief für uns äußerst
unterschiedlich, wobei wir letztlich beide leichte Verluste im Wertungsbereich
einfahren mussten und somit nicht zufrieden sein konnten. Mein Auftakt
war furios: In der ersten Runde besiegte ich den niederländischen
FM Vogel (2171) mit einem Opferangriff. Ich betrachte dies als meine bislang
beste Partie überhaupt. Zusammen mit einer Niederlage in Limburg (s.
unten) gebe ich sie in "Partien
2012" wieder. Es folgte noch ein starkes Remis gegen FM
Gazic (2249) gleich hinterher.
Was, und trotzdem Punkte
verloren? Ja, denn ich leistete mir danach gleich zwei lange Rochaden en
suite. Okay, die Gegner waren auch teilweise sehr stark, aber in Runde
5 beispielsweise hätte ich plump einen Bauern gewinnen können,
in Runde 7 schien ein Remis drin, auch Runde 8 war extrem hart umkämpft
und hätte auch gewonnen werden können. Aber irgendwann wird man
der Nullen natürlich überdrüssig... Zum Abschluß gab
es noch ein ausgekämpftes Remis. Somit leichte Verluste bei mir.
Bilder anklicken
zur Vergrößerung.
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Turnieratmosphäre
aus der Turnhalle.
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Die Bühne
mit den Live-Partien.
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Sebastian konnte auch
nicht zufrieden sein. Gleich die Auftaktpartie gegen einen "distinguierten
älteren Herrn" mit 1800 DWZ geriet zum Desaster. Als der Gegner besser/auf
Gewinn stand, knallte er die Züge und drückte er die Uhr dermaßen
energisch, dass schon die Gipser und Kalker anrückten, um den Putz
der Hallendecke wieder nachzubessern. Nach dieser Niederlage kämpfte
sich Sebastian aber ins Turnier und holte 3,5 Punkte aus den vier folgenden
Runden. Das sah doch hervorragend aus. Der Knackpunkt folgte dann wohl
in der sechsten Runde gegen den jungen IM Heimann. Sebastian hatte ein
remisiges Läuferendspiel auf dem Brett, wobei er aber schon vorher,
mit Türmen, wohl noch leichter Remis hätte machen können.
So allerdings wurde er am Ende doch noch ausmanövriert und mußte
nach fast 5 Stunden doch noch die Segel streichen.
Es folgte dann ein
weiterer voller Punkt, bevor es mit 4,5 aus 7 in die beiden Schlußrunden
ging. Gegner in der vorletzten Runde war mit Nikolas Lubbe ein alter Bekannter
aus niedersächsischen Gefilden. Sebastian kam mit Vorteil aus der
Eröffnung, ein Remisangebot von Niko lehnte er aber ab. "El Basto"
fand im folgenden aber wohl nicht den korrekten Plan und geriet am Damenflügel
unter Beschuß. Am Ende mußte er sich dem amtierenden Landesmeister
geschlagen geben. Ein Drama spielte sich dann nochmal in der letzten Runde
ab: Gegner von Sebastian war FM Vogel, mein Erstrundenkontrahent. Dieser
war mit Weiß von Anfang an auf nicht mehr als Remis aus, im Endspiel
wollte Sebastian ihn dann "ziehen", aber der Niederländer spielte
seinerseits plötzlich erstaunlich schnell, Sebastian kam auf der Uhr
unter Druck und nach einer Ungenauigkeit war das Turmendspiel verloren.
Keine Zugewinne in diesem Turnier demzufolge für Sebastian.
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Das hier geparkte
Auto eines Sponsors durfte nicht
berührt werden
(wg. Fettflecken) - Turnierausschluß drohte!
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Sebastian in Aktion.
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Turnierseite: www.neckar-open.de
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3) Limburg Open.
Maastricht (Niederlande), 25.-28. Mai (Pfingsten).
Ebenfalls bereits zum
zweitenmal nach 2011
waren wir in Maastricht am Start. Beim Limburg Open waren etwas weniger
Leute vor Ort als in Deizisau, s. oben, aber es ist ebenfalls ein großes
Turnier, welches in einer Turnhalle stattfindet. Ich finde aber, dieses
Turnier hat ein gewisses Flair, für mich ist es "klein Pardubice".
Außerdem ist es auf Grund der Zeiten weniger streßig. Warum
man uns z.B. in Stuttgart um 9 Uhr morgens spielen lässt, ist mir
völlig unverständlich. In Maastricht geht es um 11 Uhr los, und
auch zwischen den Runden ist mehr Zeit. Das Wetter hat uns diesmal auch
wieder verwöhnt: 25-30 Grad bei strahlendem Sonnenschein über
alle Tage hinweg sorgten für eine nette Urlaubsatmosphäre.
Bilder anklicken
zur Vergrößerung. Leider nur Handy-Fotos aus Limburg.
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Maastricht City.
Die Säule der EU.
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Die Idylle vor
unserem Hotel war auch
diesmal wieder reichlich
zu bestauen.
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Für mich war
das Turnier mit sieben Runden um eine kürzer als vorgesehen: Da wir
auf Grund von Verkehrsproblemen sehr spät dran waren, schickte ich
El Basto ans Brett, nahm ein Bye und machte die Unterkunft klar. Bast startete
aber auch schon mit 20 Minuten Minus auf der Uhr gegen den späteren
Turniersieger IM Henrichs. In unklarer, scharfer Stellung zog er hier den
kürzeren. Es folgten aber 1,5/2 gegen 2150er Gegner und ein weiterer
Sieg gegen 2090. Somit war Sebastian mit 2,5 aus 4 vielleicht noch nicht
bei seinem Wunschresultat, wohl aber gut dabei. Der Juckepunkt kam gegen
2176 aus Norwegen. Ja, die Norweger sollen ja gute junge Leute haben...
Es war hier nicht viel los und Sebastian bot mit Schwarz Remis an. Der
Gegner spielte aber weiter und knetete, hatte letztlich aber nichts. Nun
lehnte Sebastian ein Remis ab, und um einer Zugwiederholung auszuweichen,
parierte er ein Schachgebot mit einem Bauern, statt einem Königszug.
Das war fatal, denn sein König ging kurz darauf matt.
Es folgte ein Remis
gegen 2200 aus einer etwas besseren Stellung heraus sowie ein Sieg in einem
lange gekneteten Läuferendspiel gegen 2000. Unter dem Strich standen
5 Wertungspunkte plus für Sebastian. Das war kein Wunschergebnis.
Ich selber startete mit einem Sieg gegen 1800. Der Gegner gewann zwar zwischenzeitlich
eine Qualle, schaltete dann aber in den Abtauschmodus und holzte auch unter
Zugeständnissen einfach nur alles runter. Am Ende hatte ich diverse
Bauern für die Qualle und konnte den Punkt noch holen. Fast wäre
ein zweiter Punkt gleich danach hinzugekommen: Gegen 1900 produzierte ich
meine erste Seeschlange (also über 100 Züge), der Vorteil wechselte
mehrmals, aber ich verlor am Ende irgendwie. Eine kranke Partie, ich zeige
sie in "Partien
2012". Mein Gegner gewann am Ende punktgleich das Turnier.
In Runde vier spielte
ich gegen ein 12jähriges Talent mit 1800 aus Belgien. Diesen Gegner
konnte ich mit einer neu vorbereiteten Eröffnung recht leicht überspielen.
Runde fünf brachte ein Kurzremis gegen 1900. Ich hatte das Läuferpaar
aufgegeben, spielte aber ungenau und hatte im Grunde nichts. Das Remisangebot
mußte ich annehmen. Nach diesem lauwarmen Sitzbad spielte Weiß
in Runde sechs gegen mich auf Abtausch und Remis, ich konnte der Stellung
kein Leben einhauchen. Ein weiteres "Wunderkind" wie in Runde vier erwartete
mich zum Abschluß. Ich bekam Probleme, holte mich aber taktisch aus
der Bredouille. Dummerweise verlor ich kurz danach einen Bauern und konnte
die Partie nicht halten. 3,0/6 und 10 DWZ-Punkte gewonnen. Es war mehr
drin...
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Turnhalle in Maastricht.
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Sebastian hier
vorne mit Schwarz gegen IM Henrichs.
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Turnierseite: www.limburgopen.nl
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Fazit: Die Turniere
in den Niederlanden haben mir gut gefallen, obschon wir in Dordrecht keine
Leistung gezeigt haben. Hinsichtlich Limburg ist die Anfahrt jedesmal sehr
stressig, aber ansonsten ist es ein sehr angenehmes Turnier. Das Neckar
Open hat eine weite Anreise und ist auch sonst ein Turnier mit sehr knappem
Zeitrahmen, im Gegensatz zu Limburg macht es auch generell einen "strengen"
Eindruck. Vermutlich werden wir hier 2013 nicht spielen.
- frank modder,
03.06.12
Außerschachliches
Aus Dordrecht
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Nach Bobbys Ableben
nicht mehr
so prickelnd. Weiß
einer, wieviel
Grad Island im Sommer
zu bieten hat?
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Das "Bastion",
als Unterkunft
doch geradezu prädestiniert
für uns.
Also, Sturm auf die
Bastille...
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