Sebastian Müer
Dritter bei den Landesmeisterschaften
Teil 2 des Doppelcomebacks
von Sebastian Müer und mir nach sechs Monaten Turnierpause zum Jahreswechsel
(s. hier Teil 1)
waren die Landesmeisterschaften von Niedersachsen zu Beginn des neuen Jahres
in Verden. Gespielt wurde wie immer im Hotel Niedersachsenhof. Hier ging
man in zwei Kategorien an den Start: Sebastian spielte zusammen mit 17
anderen Teilnehmern im Meisterturnier um den Titel, während ich im
Open mit 154 weiteren Gegnern antrat. Es wurden jeweils sieben Runden nach
dem Schweizer System ausgetragen, die Bedenkzeitregelung sah 90 Minuten
für 40 Züge und eine halbe Stunde für den Rest vor, wobei
es allerdings ab dem ersten Zug eine Zeitgutschrift von 30 Sekunden pro
Zug gab.
Sebastian hatte bereits
mehrfach am Meisterturnier teilgenommen und als bislang beste Platzierung
im Jahr 2010 den 4. Platz erreicht. Meine bisherigen Open-Teilnahmen waren
nicht sehr ruhmvoll, darum war ich im letzten Jahr auch nur als "Betreuer"
dabei - aber diesmal wollte ich selber wieder angreifen.
1. Turnierhälfte
(Runden 1-4)
Sebastian besiegte
zum Auftakt einen Gegner mit 2066 und den weißen Steinen. Er hatte
klare positionelle Vorteile und nachher auch einen Mehrbauern, diesen Vorteil
baute er zu weiterem Materialgewinn aus. Ein vermeintlich leichtes Los
gab es für Sebastian in Runde zwei gegen den jungen Timo Oehne (1956).
Dieser spielte aber ein starkes Turnier und landete auf dem beachtlichen
fünften Platz. Dabei verlor er auch nur eine Partie - gegen "El Basto".
Sebastian stand hier allerdings lange Zeit eher passiv, bevor er einen
eingedrungen Turm - bzw. die Qualität - einfangen konnte. Das Endspiel
war dann unproblematisch.
2,0/2 also, und in
diesem Tempo schien Sebastian in der dritten Runde auch weiterzumachen:
Gegen Enno Eschholz (2262) vom SK Wildeshausen spielte er sich eine positionell
klare Gewinnstellung mit Mehrbauer heraus. Sebastian ließ sich aber
von einer Taktik des Gegners beeindrucken und den Gewinnzug aus. Er übersah
in der Verteidigung noch den Übergang in ein Damenendspiel mit Minusbauer,
aber guten Remischancen. So verlor er einen Springer gegen zwei (Frei-)bauern,
die als Kompensation jedoch nicht mehr reichten.
Bittere Pille! Diese
Partie verwehrte Sebastian einen Sprung ganz nach oben, aber dennoch ließ
er sich davon nicht beeindrucken. In der vierten Runde ging es gegen einen
weiteren jungen Gegner, wiederum aus Wildeshausen, Spartak Grigorian (2080).
Sebastian konnte seinen Gegner mit Weiß positionell überspielen.
Nachdem das Gegenspiel ausgeschaltet war, ging Sebastian auf Materialgewinn,
was ihm den dritten Punkt einbrachte. Also eigentlich eine gute Turnierhälfte,
aber die Niederlage war natürlich ärgerlich und ein Rückschlag
auf Treppchenambitionen. Doch auch die Konkurrenten gaben Punkte ab und
es blieb in der zweiten Hälfte an der Spitze weiter spannend.
Bei mir im Open
gab es zunächst einen leichten Sieg gegen untere Hälfte, bevor
es dann schon gegen 2114 ging. Ich stand etwas passiv, wenn auch solide
mit Schwarz. Sein Angriff wurde nur stark, weil ich einmal danebengriff,
im Anschluß war dann nicht mehr viel zu halten. Runde drei brachte
dann anscheinend einen leichten Gegner mit 1589, der aber eine 1800er-Turnierleistung
ablieferte. Naja, ich stand jedenfalls im Mittelspiel sehr verdächtig,
mein Gegner stellte aber dann zwei Figuren gegen Turm ein und ich freute
mich darauf, im Endspiel den Punkt zu holen.
Dort hatte ich zwei
Springer und zwei Bauern gegen Turm und Bauer. Möglicherweise hätte
ich vorher günstiger abwickeln können, diese Konstellation erwies
sich jedenfalls als sehr kompliziert (oder meine Technik ist zu schlecht).
Der Gegner hielt das Remis nach langem Kampf. Das war natürlich sehr
unbefriedigend. In Runde vier hatte ich schließlich wenig Probleme
gegen 1573 und stand bei 2,5/4. Das ließ also noch Hoffnung auf mehr.
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Turniersaal in
Verden.
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Sebastian gegen
FM Bode
(die Mütze brachte
wieder kein Glück)
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2. Turnierhälfte
(Runden 5-7)
Sebastian startete
in die zweite Turnierhälfte gegen den Topgesetzten Nikolas Lubbe (2381),
der das Turnier in den letzten drei Jahren gewinnen konnte. Mit Schwarz
wendete Sebastian eine Idee an, die er aus einer ähnlichen Variante
derselben Eröffnung kennt. Er opfert hier vorrübergehend einen
Bauern, bringt aber einen gegnerischen Springer in eine unangenehme Fesselung.
Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, hatte Sebastian zwei Figuren für
einen Turm gewonnen. Sein Gegner spielte aber stark weiter und gewann einen
Bauern zurück, im Endspiel hatte der Titelverteidiger Turm und vier
Bauern gegen Sebastians Springer, Läufer und drei Bauern, alle Bauern
befanden sich am Königsflügel.
Es wurden jeweils zwei
Bauern abgetauscht, bevor Weiß einen weiteren opferte. Sebastian
nahm den Bauern, mußte jedoch dafür seinen Läufer aufgeben
wg. einer Mattdrohung. Er konnte allerdings noch den letzten weißen
Bauern rasieren, wonach er mit Springer und Bauer gegen Turm spielte. Der
Turm machte natürlich noch Gewinnversuche, aber es war theoretisch
Remis und sollte es auch bis zum Ende bleiben. Ein Remis mit einem lachenden
und einem weinenden Auge.
In der vorletzten Runde
folgte ein schnelles Remis gegen den Internationalen Meister Plischki (2321).
Sebastian gab hier mit Weiß einen Zentralbauern und erhielt dafür
Gegenspiel am Damenflügel und schließlich auch den Bauern zurück.
Es endete dann mit einem Dauerschach. Mit 4,0/6 ging es für Sebastian
in der letzten Runde noch um Platz drei. Mehr war nicht möglich, da
die beiden ersten Bretter dort schnell Remis machten. Sebastian hatte eine
schwere Aufgabe, bekam aber mit Schwarz gegen FIDE-Meister Bode (2344)
ebenfalls ein frühes Remis angeboten. Damit hätte er den dritten
Platz abgesichert, mehr war wie gesagt ohnehin nicht zu holen. Aber Sebastian
meinte, etwas besser zu stehen und - lehnte ab! Dafür bekam er von
vielen Seiten verdientermaßen Lob ausgesprochen.
In der Folge erreichte
Sebastian auch eine sehr angenehme Stellung, ging aber im Zentrum etwas
verfrüht vor, anstatt den Vorstoß nochmal vorzubereiten. Seine
Kombination ging nicht auf und der Gegner erhielt Turm und zwei Figuren
für die Dame. Das Endspiel war auch auf Grund von Sebastians schwacher
Königsstellung nicht mehr haltbar. Also eine Null zum Ende, aber nochmal
Respekt für den Kampfgeist. Das ist die einzig richtige Einstellung,
um weiterzukommen! Und es gab noch ein Happy-End: Sebastian kam mit Enno
Eschholz punktgleich doch noch auf den dritten Platz. Auch die Nebenwertungen
waren identisch. Man entschied sich, dies nicht mehr auszublitzen, Rang
und Geld wurden geteilt.
Ich spielte
die zweite Hälfte des Turniers unspektakulär. In Runde fünf
konnte mein Gegner mit 1686 und Schwarz die Partie lange offenhalten, in
seiner Zeitnot gelang mir aber die Öffnung und eine Kombination mit
entscheidendem Materialgewinn. Somit stand ich bei 3,5/5 und hatte noch
die Möglichkeit, recht weit vorne zu landen. Ein spannendes, taktisches
Gefecht entwickelte sich dort mit Schwarz gegen 2022. Die Partie war schnell
von extremen taktischen Verwicklungen geprägt, was auch von beiden
Seiten angesteuert worden war. Die Könige blieben in der Mitte und
Weiß startete einen Angriff am Königsflügel. Meine Ambitionen
am Damenflügel waren aber auch nicht zu verachten, mein Gegner sah
in der Folge allerdings etwas mehr und ich übersah eine Ressource.
Die Schlacht hatte kurz, aber sehr heftig getobt - 0:1.
In der Schlußrunde
hatte ich mit Weiß gegen 1639 keinerlei Probleme, nochmal zu gewinnen.
Somit kam ich auf 4,5 Punkte und den 35. Platz. Überhaupt: Irgendwie
habe ich in Schlußrunden immer nochmal ein Erfolgserlebnis (vielleicht
liegt es aber auch an dem Schweizer System und daran, daß ich vorher
rumgesumpft habe).
Fazit:
Erneut ein grundsätzlich
gutes Turnier für Sebastian. Die Platzierung stimmt und er konnte
auch ein paar Wertungspunkte gutmachen, wenn auch noch nicht so viele,
wie gewünscht. Punktemäßig war sicherlich noch mehr drin,
aber die Gründe, warum in der ein oder anderen Partie nicht mehr heraussprang,
sind benennbar und es sollte möglich sein, hieran zu arbeiten.
Bei mir wie in Erfurt
ein Minimal-Zugewinn, aber zuviel Ping-Pong, alle Gegner entweder <
1700 oder > 2000, und es ist mir leider nicht gelungen, gegen Letztere
zumindest mal ein Remis zu machen. Damit kann man nicht zufrieden sein.
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Nochmal zum Nachlesen:
Teil 1
des Comebacks.
Hier noch drei Links
zum Turnier:
Ergebnisse
beim NSV
DWZ-Auswertung
Meisterturnier
DWZ-Auswertung
Open
- frank modder,
06.01.2012
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Sebastian zeigte
sich nach dem Comeback durchaus zufrieden. Allerdings gab es mit
der Mütze bislang
häufig auch auf dieselbige. Vielleicht lag es aber auch an der
Boa Constrictor, die
sich um seinen Hals gewickelt hatte.
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