Boris Spasski
1937 - 2025
Mit 88 Jahren starb
der 10. Weltmeister der Schachgeschichte, Boris Spasski. Nach Robert Hübner
bereits die zweite Schachlegende, die in diesem Jahr verstarb. Nicht selten
liest man, dass Spasski mit Fischer zusammen der stärkste Spieler
der 60er Jahre gewesen sei. Das zeigt der kurze Abriß hier zu seiner
WM-Karriere. Und die geht so: Mit 18 Jahren spielte er bereits das Interzonenturnier
1955 in Göteborg, also das Qualifikationsturnier für die Kandidatenrunde,
verpasste danach aber zweimal diese Veranstaltung knapp.
Die 60er waren aber
dennoch sein Jahrzehnt: Mit deutlichen Ergebnissen gewann er 1965 seine
drei Kandidatenmatches (gegen Keres, Geller und Tal), scheiterte aber knapp
im WM-Kampf an Petrosian. 1968 fegte er erneut durch die Kandidatenkämpfe
(Geller, Larsen, Kortschnoi). Fast all diese Matches gewann er mit +3,
obwohl sie nur über 10 Partien gingen (gegen Keres „nur“ +2). Erneut
saß er 1969 somit Petrosian gegenüber, den er in dieser Revanche
besiegte und 10. Weltmeister wurde.
1972 kam dann das wohl
bedeutendste Ereignis der Schachgeschichte: Der WM-Kampf Spasski - Fischer.
Dieser Kampf riß das Schach im Westen aus seinem Nischendasein. Um
das mal ins Verhältnis zu setzen: Der Sieger in Wijk in den 70er Jahren
bekam… einen Buchpreis (zumindest im B-Turnier). Dieses Match ist der Grund
dafür, warum heute im Schach Geld verdient wird.
Das Match fand nicht
auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges statt, und wenn man es gebetsmühlenartig
wiederholt. Diese „Höhepunkte“ waren eher 1962 (Kuba) und 1983 (Able
Archer). 1972 gab es im Gegenteil eher eine Entspannungspolitik (Abrüstungsvertrag
ABM und Ostpolitik von Brandt). Und auch die Beziehungen zwischen Fischer
und Spasski waren normal, danach sogar freundschaftlich.
Spasski spielte auf
hohem Niveau weiter, 1973 gewann er die vermutlich stärkste UdSSR-Meisterschaft.
1974 scheiterte Spasski im Kandidaten-Halbfinale an Karpow, 1977 im Finale
an Kortschnoi. Danach ließen die Ergebnisse auf der ganz großen
Bühne ein wenig nach. Selbst erleben konnte ich Spasski 2009 beim
Weltmeister-Simultan in Zürich. Er ließ es gemächlich angehen
und machte auch ein paar schnelle Remis. Der alte Fuchs blieb am Ende in
25 Partien aber ungeschlagen.
Die Anekdoten über
Spasski sind Legion. Und auch seine Sprüche. Man weiß manchmal
nicht, ob Spasski bestimmte Dinge ernst meinte oder nicht. So berief man
im Vorfeld des Kandidatenkampfes Fischer - Taimanov die sowjetischen Topleute
ein, um zu beratschlagen, was man für Taimanov tun könne. Spasskis
trockener Kommentar: „Verbergt vor ihm, wie stark Fischer wirklich ist,
sonst verliert er den Glauben an sich selbst.“
Leider sind mir, zumindest
im Westen, keine Veröffentlichungen seitens Spasski bekannt. Er hätte
viel zu erzählen gehabt. Auch hier brachte er einmal einen Scherz:
Er würde an einem Buch über seinen WM-Kampf gegen Fischer schreiben.
Er wäre gerade bei der 2. Partie. Und auch hier hat der Witz immer
ein Stückchen die Realität mit eingepreist, machte Spasski doch
die Umstände um diese nie stattgefundene Partie herum mit verantworlich
für seinen Niedergang in dem Match.
17 Jahre nach Fischer
ist nun also auch der zweite große Protagonist von 1972 verstorben.
Spasski war ja sehr bewegt an Fischers Grab und sprach von seinem Freund
Bobby und äußerte den Wunsch, einmal neben ihm beerdigt zu werden.
Dieses wahrhaft monumentale Bild werden wir wohl leider nicht sehen.
Hier die 11. Partie
aus dem Kampf von 1972, Spasskis berühmter Springerrückzug.
Spassky
- Fischer 1:0, WM Reykjavik 1972 (11)
frank modder, 28.02.2025
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Spasski in Zürich
2009
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