- Dähne-Pokal 2017 -
Mit Finale in Lehrte
19.08. - 20.08.
 

Sebastian niedersächsischer Pokalsieger
Rückblick auf seine Pokalabenteuer
 
Erstmaliger Start im Dähne-Pokal

Sebastian gewann am Wochenende in Lehrte den Titel des Niedersächsischen Dähne-Pokalsiegers 2017. Damit wird er Niedersachsen beim Deutschen Finale 2018 vertreten. In diesem Bericht wollen wir ein wenig seinen Weg nachzeichnen, auch mangels anderem aktuellen Partienmaterial. Erstmalig nahm Sebastian daran überhaupt teil. Reizvoll war die Möglichkeit, sich bis zur Bundesebene zu qualifizieren und auch das K.O.-System, welches Sebastian mit seinem bekannten Kampfgeist eigentlich entgegenkommen sollte. Das war wohl auch so, aber warten wir mal ab, wie er sich im Bundesfinale schlagen wird.

Dort dürfte er etwa an Platz 10 (von wohl angepeilten 32 Teilnehmern) gesetzt sein. In den folgenden, hier besprochenen Partien, war er natürlich immer relativ klarer Rating-Favorit. Aber dennoch gab es spannende Partien, und ein Blick auf diese lohnt sich allemal.

Unterbezirksebene

Los ging es im März im Unterbezirk Ammerland/Stadt Oldenburg/Wesermarsch. Hier hatte neben Union Oldenburg mit Sebastian nur noch der Schwarze Springer Bad Zwischenahn einen Teilnehmer gemeldet: Oke Wübbenhorst (DWZ 1976/ELO 1935) hatte sich in einer vereinsinternen Qualifikation beim Schwarzen Springer durchgesetzt. Das Los bestimmte dann, dass Sebastian Heimrecht hatte, wobei dafür sein Gegner mit den weißen Steinen spielen durfte. Bedenkzeitregelung war 2 Stunden/40+30 Minuten. Bei einem Remis würde die Entscheidung im Schnellschach fallen müssen.

Die Partie nahm recht früh einen scharfen Verlauf. Ausgangs der Eröffnung investierte Oke 30 Minuten in das Opfer eines Läufers für zwei Bauern. Für seinen Antwortzug nahm sich Sebastian eine geschlagene Stunde, woraufhin Oke für seinen eigenen nächsten Zug seinerseits 60 Minuten veranschlagte… 3 Halbzüge in zweieinhalb Stunden habe ich auch noch nicht erlebt. Da hatte man das Gefühl, die Zeit wäre stehengeblieben. Das Opfer erwies sich wohl als nicht ganz korrekt, und schließlich erfolgte das Finale der Partie wie folgt:
 

Sebastian mit Schwarz am Zug

Weiß hat hier nicht genügend Kompensation für das Material - im Gegenteil. Sein König ist der Unsicherere. Aber natürlich droht Txh6 nebst vielleicht Th7. Bast spielte 19. … Se7! 20. Txh6 Td-f8. Nun droht Sf5 mit Gabel auf beide Türme. Aber Weiß hatte vielleicht noch die Hoffnung auf das Tempo mit Th7. Also 21. Dg5 Sf5 22. Th7 Sxg3, und es zeigt sich dass nach 23. Txg7 Se4+ eine noch gewichtigere Gabel auf dem Brett steht. Weiß muss einen Turm verlieren.

Bezirk

Nach diesem Sieg ging es im Mai weiter auf Bezirksebene: Neben Sebastian stellten auch die drei anderen Unterbezirke des Bezirkes Oldenburg-Ostfriesland jeweils einen Vertreter für das Halbfinale. In diesem hatte Sebastian erneut Heimrecht, diesmal gegen Christoph Rauber (1726/1753), dem Vertreter Südoldenburgs. Das andere Halbfinale bestritten Klaus Schumacher (Wilhelmshaven-Friesland) und Meino Aden (Ostfriesland), Letztgenannter hatte sich in einem Schnellschachturnier durchgesetzt.

Sebastians Partie war lange ausgeglichen, als er sich selber ein wenig in die Bredouille brachte. Christoph hätte ein Schwerfigurenendspiel mit einem Mehrbauern bekommen können. Diese nicht einfach zu findende Abwicklung kam nicht auf das Brett, als Bast dann in folgendem Schwerfigurenendspiel landete:
 

Sebastian mit Schwarz am Zug

Hier würde man vielleicht auf die Idee kommen, Dd6 zu spielen. Damit ist alles gedeckt und das Spiel bleibt ausgeglichen. Sebastian aber gab den Bauern: 26. … De2! 27. Dxa6 Td8 28. Da5. Dieser weiße Zug ist kritisch, zumindest auf Bauernjagd sollte er nicht gehen. 28. … Td3 29. Dxc5? Die Stellung ist nun für Weiß in der Tat verloren:
 

Sebastian mit Schwarz am Zug

Es folgte 29. … Df3+ 30. Kg1 Dxh3 31. Dg5. Weiß muss den Bauern um jeden Preis decken. Sebastian machte nun den Deckel drauf mit dem bärenstarken 31. … e5! Damit nimmt er der weißen Dame das Feld f4 und es droht vernichtend f6 - die Dame kann den g-Bauern nicht mehr gedeckt halten. Eine sehr starke und tiefe Kombination von Sebastian.

Im anderen Halbfinale konnte sich Klaus nach einem Remis gegen Meino dann in der Schnellschachpartie durchsetzen und sich für das Bezirksfinale gegen Sebastian qualifizieren. Erneut hatte Sebastian Heimrecht und damit die schwarzen Steine, Klaus (1666/1770) musste also reisen. Diese Finalpartie war aber weniger dramatisch, da Klaus ausgangs der Eröffnung einen Bauern verlor, wonach auch gleich sein Zentrum auseinanderfiel. Sebastian wurde also seiner Favoritenrolle im Bezirk vollauf gerecht.

Landesebene

Am Wochenende des 19./20. August fand dann das Landesfinale in Lehrte bei Hannover statt. Die sechs niedersächsischen Bezirke durften jeweils einen Teilnehmer stellen. Um ein Viertelfinale zu komplettieren, durften die Bezirke 4 (Lüneburg) und 5 (Oldenburg-Ostfriesland) jeweils 2 Teilnehmer stellen, wodurch neben Sebastian also auch Klaus Schumacher wieder zum Zuge kam.

Leider wurden es letztlich doch nur 6 Teilnehmer, da Bezirk 4 nur einen und Bezirk 6 gar keinen Platz in Anspruch nahm. Folgende Paarungen wurden vor Ort im Vereinsheim des SK Lehrte ausgelost. Dabei wurde frei gelost, lediglich die beiden Vertreter von Bezirk 5 sollten nicht gegeneinander spielen:

Sebastian - Andreas Winkelmann (2024/2183)
Rüdiger Hengst (1721/----) - Klaus Schumacher (1704/1783)
Axel Janhoff (1948/2014) - Ulf Stoy (1928/2047)

Auch auf Landesebene Bast also in der Favoritenrolle, zum Auftakt gleich - mit Weiß immerhin mal - gegen den nominell Üppigsten. Neben den drei Siegern sollte noch ein Lucky Loser gelost werden, um ein Halbfinale vollzukriegen. Die beiden Finalisten würden dann den Pokalsieger ausspielen, wobei sich allerdings beide für das Bundesfinale qualifizieren würden. Damit hätte Sebastian sein eigentliches Ziel erreicht, aber angesichts seiner deutlichen Favoritenrolle in diesem Turnier peilte er natürlich Platz 1 an.

Das Viertelfinale wurde am Samstag um 11 Uhr angepfiffen.

Sebastians Gegner konnte sich in der Eröffnung gut behaupten. Aber tauschte seinen aktiven zentralen Springer wohl zu früh gegen Sebastians schlechter postierten. Danach konnte Weiß am Damenflügel nach und nach Raum greifen.
 

Sebastian mit Weiß am Zug

Sebastian steht hier eigentlich ganz vernünftig mit seinem Spiel am Damenflügel. 18. Se1. Der will über d3 ins Spiel eingreifen. 18. … Lxg2. Vermutlich hatte Schwarz bedenken wg. z.B. f3. Korrekt war wohl einfach Entwicklung mit Sd7. 19. cxb6. Ein guter Zwischenzug, besser als das Schach mit der Dame auf e6, wonach es zum Damentausch kommt und der Bauer c5 fällt. 19. … Dd6 20. b7. Noch ein netter Zwischenzug. 20. … Ta7 21. Kxg2 Txb7 22. Sd3!
 

Sebastian mit Weiß
Schwarz am Zug

Die Idee geht auf. Sebastian gibt ruhig einen Bauern. Der Springer kommt stark nach c5, da hier jetzt z.B. Sd7 nicht mehr funktioniert - nach weißem Lxa5 droht Lb4, weshalb Schwarz nur cxb5 nebst Sc6 anpeilen kann. Nach 22. … cxb5 23. Sc5 hat Schwarz überall schwache Bauern und ist wohl bereits verloren. Bast bekam den Bauern mit Zinsen zurück.

Neben Sebastian konnte auch Klaus in das Halbfinale (Sonntag) einziehen, zusammen mit Axel Janhoff, dessen Gegner Ulf Stoy als Lucky Loser dort den 4. Mann stellte. Die Paarungen sahen dann wie folgt aus:

Sebastian - Axel Janhoff
Klaus Schumacher - Ulf Stoy

Wir verzichteten auf eine größere Vorbereitung am Abend und gönnten uns im Hotel das Spiel Schalke – Leipzig. Auch fußballerisch ein sehr erfolgreicher Tag für uns, konnten doch Sebastians Schalker Knappen ebenso drei Punkte einfahren wie „mein“ HSV!). Danach beschäftigten wir uns ein paar Stunden mit Endspielen (unsere Basis: Jesus De La Villa - 100 Endspiele, die Sie kennen müssen). Erwies sich ebenfalls als recht hilfreich. 

Sonntag, 10 Uhr

Halbfinale war angesagt! Sebastian entschied sich quasi erst auf dem Weg zum Turniersaal bzw. am Brett für seine Eröffnung. Das Spiel verlief lange Zeit symmetrisch mit recht frühem Damentausch, ein Remis lehnte Sebastian in dieser Phase ab. Es ergab sich dann folgende Situation:
 

Sebastian mit Weiß am Zug

Es sieht relativ kritisch aus. Die schwarze Bauernmasse im Zentrum, dazu die Aktivität des schwarzen Turmes, welcher schnell den a-Bauern abholen kann, wonach Schwarz dort einen Freibauern hat. Die potentiell bessere Leichtfigur spricht ebenfalls für Schwarz, und ob der Bauer g6 nicht mal zur Schwäche werden kann, war auch nicht klar. Tatsächlich aber hat Weiß wohl weniger Probleme, aber hier kommt es wirklich darauf an, wer wie gut seine Figuren einsetzen kann. Und hier ist Sebastian wirklich sehr gut drin. 14 Züge später war folgende Stellung erreicht:
 

Sebastian mit Weiß am Zug

Schwarz hatte soeben Lf8 gespielt und ein weiteres Mal Remis angeboten, ein paar Züge vorher hatte Sebastian auch eine Zugwiederholung ausgeschlagen. Aber welche Veränderung auf dem Brett! Die schwarzen Figuren sind in passive Rollen gedrängt, der Turm ist eingeklemmt hinter dem Bauern. Das schwarze Zentrum wirkt anfällig und die weißen Figuren haben maximale Aktivität. Technisch sehr stark gemacht - und das Ende war auch nett:

41. Sc5! Der ist natürlich tabu. Aber es droht Sd7+ nebst Sxf8, wonach er dort gleichzeitig den Turm auf h7 deckt. Es blieb also nur … Kg6 42. Sxa6 (Txh6+ funktioniert auch, aber man muss etwas genauer reinschauen). … Kxh7 43. Sc7 und Weiß gewinnt einen der beiden schwarzen Zentrumsbauern.

Eine spannende Partie gab es auch im anderen Halbfinale, welche allerdings Remis endete. Im Schnellschach setzte sich Ulf Stoy dann mit den weißen Steinen durch und erreichte das Finale. Sebastian selber war erst gegen 15 Uhr fertig geworden und somit hatte er nur noch rund eine Stunde Erholung bis zum Finale. Die Farbverteilung ergab:

Ulf Stoy - Sebastian

Recht kurios für Sebastians Halbfinalgegner Janhoff: Der von diesem im „Viertelfinale“ besiegte Gegner bestritt nun das Finale, während Janhoff zuschauen musste. Ja, das kann eben passieren. Beide Finalisten waren wie gesagt bereits qualifiziert für den Bundesentscheid. Auch die mit dem Pokalsieg verbundene Qualifikation für das Meisterturnier der nächsten niedersächsischen Landesmeisterschaft im Januar 2018 hatten beide Spieler bereits anderweitig im Sack. Um den Pokalsieg wurde aber trotzdem hart gekämpft.

Sonntag, 16 Uhr

Nach einem schnellen Imbiß in der Stadt ging es dann auch schon zur Partie. Der Gegner überraschte Sebastian aber etwas mit der Eröffnung und konnte ihn auf sein eigenes Terrain ziehen.
 

Sebastian mit Schwarz am Zug

Weiß hat eine Angriffsstellung. Vermutlich muss man hier zu etwas wie g6 greifen. Sebastians Zug war ein Fehler: 19. … Tc8?. Nach 20. Dh3 konnte er aber aufatmen. Stark wäre zunächst der Tausch auf d5 gewesen. Da danach Figurengewinn mit Lxf6 (kann wegen Matt auf h7 nicht wiedergenommen werden) droht, muss Schwarz auf d5 mit der Dame wiedernehmen, womit er selber Matt auf g2 droht. Dann aber hatte Weiß Dh3 - deckt das Matt, erneuert die Drohung Lxf6/Dh7 und stellt eine weitere Drohung auf : Le4. Das kostet Schwarz letztlich Dame gegen Turm und Läufer.

In der Partie selbst blieb die Lage nach dieser verpassten Möglichkeit ausgeglichen, aber angespannt. Bast musste in der Partie nach 20. … g6 21. Lh6 die Qualität für einen Bauern geben, Engines bewerten es ausgeglichen, aber Weiß hat weiterhin Angriffspotential und auch einen deutlichen Vorsprung auf der Uhr. Ein Remisangebot lehnte Sebastian dennoch ab, aber kurz darauf wurde man sich diesbezüglich dann doch handelseinig.

Nach 5 Punkten in Serie kann das natürlich auch mal passieren, dass man was liegenlässt. Aber es hätte schlimmer kommen können. Somit musste die Entscheidung in einer Schnellschachpartie fallen. Und hier wurde mit vertauschten Farben gespielt. Durchaus eine pragmatische Entscheidung von Bast, der natürlich den DWZ-Punkten etwas nachtrauern kann, aber sei’s drum. Für die ELO-Zahl wird das Turnier übrigens nicht ausgewertet. Die Schnellschachpartie (15 Minuten pro Spieler ohne Aufschlag) verlief dann nach dem Geschmack von Sebastian:
 

Sebastian mit Weiß
Schwarz am Zug

Stellung nach dem 18. Zug von Weiß

Sebastian steht hier schon optisch recht angenehm. Nach 18. … Sh5 schlug aber die Taktikkeule zu mit 19. Lxd6. Nach 19. … Te8 20. e5 hatte Sebastian einfach ein starkes Zentrum und konnte in der Folge die gegnerischen Angriffsbemühungen recht überzeugend abwehren, auch auf der Uhr bekam Schwarz Probleme. Letztlich eine überzeugende Partie hier und damit der Sieg im Finale.

Gute Sache also, bei erstmaliger Teilnahme gleich Platz 1 belegt. Wichtiger aber ist die Qualifikation für den Deutschen Pokal. Hier steht noch kein Termin fest. Da es im Frühjahr bereits einen Pokal gab, wird der Termin wohl erst im Jahr 2018 liegen.

- frank modder, 21.08.2017
 

Sebastian am Brett in Pardubice 2017