Das beste Turnier
der Welt!?
In Pardubice fand jetzt
im Juli zum bereits 19. Mal ein internationales Schach- und Spielefestival
statt, mittlerweile laut Ausrichter das Größte seiner Art weltweit.
In der tschechischen Stadt (etwa 90.000 Einwohner, gelegen ca. 100 km östlich
von Prag) kamen über 1500 Schachspieler zusammen. Es finden neben
den Schachveranstaltungen aber auch Wettbewerbe im Poker, Go, Backgammon,
Magic usw. statt, insgesamt gab es knapp 6000 Anmeldungen von Spielern
aus 52 Ländern. Hauptattraktion in Pardubice ist aber in jedem Jahr
eindeutig das Schach. In fünf Open wird dabei um Podestplätze und Ratingpreise
gespielt.
Sebastian Müer
und ich (zusammen mit vielen weiteren Spielern der NSJ) machten uns v.
16.-27.07 auf den Weg, um am dortigen B-Open teilzunehmen (um das A-Open
zu spielen, bedurfte es einer Ratingzahl von 2200). Gespielt wurde in einem
großen Stadion, der Cez Arena, welches normalerweise der Eishockeymannschaft
von Pardubice zur Verfügung steht. Von vielen Leuten wird das Pardubicer
Turnier als das schönste Turnier überhaupt bezeichnet. Nach meiner
Erfahrung in diesem Jahr dort kann ich dies nur bestätigen. Gute Organisation
und Schachatmosphäre pur.
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Die Cez Arena
von außen
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Und so sah es
innen aus
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Sportliches Abschneiden
Über Pardubice
wird weiterhin gesagt, man könne dort mal nett hinfahren, und ein
paar Ratingpunkte gewinnen. Das wiederum erwies sich als falsch, zumindest
im A- und B-Turnier kann man böse federn lassen. Das haben auch Sebastian
und ich festgestellt, aber auch einige andere vom NSJ konnten davon ein
Lied singen. Wenn man - mal überspitzt gesagt - zum dritten oder vierten
Mal von einem 12jährigen Russen mit 1800 abgezogen wird, denkt man
da sicher anders. Mit 2/9 (ein Sieg, zwei Remis) war es für mich ein
ziemliches Desaster. Woran lag es? Lücken im Eröffnungsrepertoire,
aber in erster Linie an mangelndem Kampfgeist bzw. mangelnder Einstellung.
In mindestens drei Partien habe ich mich in Stellungen verloren gegeben,
die objektiv nicht schlechter für mich waren.
Aber ansonsten waren
die Bedingungen in Pardubice optimal. Unterkunft 10 Gehminuten vom Stadion,
das Stadion wiederum 5 Gehminuten von der Innenstadt entfernt. Gespielt
wurde eine Runde pro Tag, Beginn um 15 Uhr. Die Bedenkzeit war 2 Stunden
für die gesamte Partie, zuzüglich 30 Sekunden pro Zug von Beginn
an. Das war schon eine kleine Umstellung, aber im Grunde eine gute Regelung.
Man kann dadurch langwierige Endspielvorteile geltend machen, ohne daß
man fürchten muß, auf Zeit zu verlieren. So gelang dies beispielsweise
Sebastian in einem Endspiel mit Turm + Läufer gegen das Läuferpaar.
Jedenfalls war man spätestens um 20/20:30 Uhr fertig und hatte dann
noch den Abend für sich. Eine Runde pro Tag ist schon optimal. Natürlich
bedeutet dies mehr Übernachtungen, aber die Übernachtungspreise
sind unproblematisch.
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Ein Eindruck von der Stadt
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Hauptmarktplatz in Pardubice
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Fußballhobbyturnier
Ein Erlebnis der besonderen
Art war das Fußballturnier für die Schachspieler im Rahmenprogramm.
Insgesamt gingen 33 Teams an zwei Tagen an den Start, gespielt wurde mit
Fünferteams (4 + Torwart). Es wurden zunächst 8 Gruppen gebildet,
dann ging es mit dem Achtelfinale weiter. Unser NSJ-Team bestand aus Manuel
Polnau, Felix Zwick, Fabian Reinkemeier, Adrian Debbeler, Sebastian und
mir, dazu noch Frank Drill als hessischer Gasttorhüter. Wir gewannen
zunächst unsere Gruppe, aber gegen Schweden im Achtelfinale wurde
es knapp. Nach spätem Ausgleich des Gegners gab es ein Siebenmeterschießen.
Hier war Sebastian der Matchwinner, der den letzten Siebenmeter verwandelte
und danach den der Schweden parierte. Anschließend bekamen wir einen
Lauf und zogen tatsächlich letztlich nach einem 3:0 im Halbfinale
in das Endspiel ein.
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Teammitglieder (v.l.n.r.):
Adrian Debbeler, Manuel Polnau, Fabian Reinkemeier, Sebastian, Frank Drill |
Sebastian verwandelt
eiskalt gegen Schweden
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Fußball und
Shakhriyar Mahmedyarov
Im anderen Semifinale
war ein prominenter Torwart zu sehen: Die aktuelle Nr. 8 der Weltrangliste,
Shakhriyar Mahmedyarov. Wir hofften darauf, gegen ihn im Finale spielen
zu können, doch sein Team verlor unglücklich im Siebenmeterschießen.
Aber es gab noch ein Wiedersehen: Nachdem wir das Endspiel 0:3 verloren
hatten, sprach nach der Siegerehrung Fabian den vorbeischlendernden Mahmedyarov
an, ob er ein Foto von unserem Team machen könne. Mahmedyarov hatte
es erst falsch verstanden und gedacht, wir wollten ein Foto mit ihm machen.
Doch der lockere und immer gut aufgelegte Aserbaidschaner war schließlich
zu beidem bereit. Hier nun also ein Foto von und ein Foto mit
Mahmedyarov:
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Einmal von Mahmedyarov.
V.l.n.r.: Felix,
Manuel, Fabian, Sebastian,
Frank D., ich, Adrian
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Und einmal mit
Mahmedyarov, vorne links
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Sebastian vs. Mahmedyarov
In einem kleinen Club
in unserem Wohnheim, in welchem nachts gerne mal dezent und leise gefeiert
wurde, fand sich zu später Stunde unversehends auch Mahmedyarov ein,
welcher gegen jedermann Blitzpartien austrug - einfach so, unentgeltlich.
Dabei spielte der Meister bevorzugt mit 30 Sekunden Bedenkeit, während
die Gegner 3 Minuten hatten, aber er variierte auch gerne mal, je nach
Spielstärke. Wenn man zumindest ein Remis geholt hatte, konnte man
eine weitere Partie spielen. Irgendwann gelang es auch Sebastian, auf den
begehrten Stuhl gegenüber des Meisters zu gelangen, und er durfte
sich an der Nr. 8 der Weltrangliste versuchen. Auch dies gehört zu
unseren unvergeßlichen Momenten in Tschechien.
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Freie Partie Sebastian
gegen Mahmedyarov
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Fazit: Das Turnier,
in diesem Fall das B-Open, ist lang, hart und sportlich sehr anspruchsvoll.
Aber für den Verlust von DWZ-Punkten wird man ansonsten reichlich
entschädigt. Die Organisation stimmt, ein gutes Rahmenprogramm, die
Unterkunft war okay, und auch die Stadt Pardubice hat das ein oder andere
zu bieten. Wahrscheinlich stimmt es: Das beste Turnier der Welt.
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Panorama vom Innenraum
der Cez Arena
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- frank modder,
31.07.08 |