Es war mal wieder
Anfang Februar. Für die Schachspieler heißt das: Kaffee, Schokolade,
Obst und Red Bull einpacken und auf zum Nord-West-Cup nach Bad Zwischenahn.
Wie schon im Vorjahr waren wir mit Martin Klinkenborg, Andreas Slopinski
und mir vertreten, diesmal gesellte sich als vierter Holthuser noch Edwin
Lehmann mit dazu. Insgesamt nahmen 201 Spieler an dem Wettbewerb teil,
der sich erstmals in ein A- und in ein B-Turnier aufteilte. Als Rheiderländer
Schachelite meldeten wir natürlich für das A-Turnier,
dabei war unser Ergebnis allerdings am Ende - bis auf das von Andreas -
wohl eher B-scheiden.
Am ersten Tag starteten
wir pünktlich um 16 Uhr die Clock. Als Teilnehmer der zweiten Hälfte
bekamen wir alle starke Gegner. Im letzten Jahr haben wir aber aus den
drei Erstrundenpartien zwei Punkte geholt. Sollte uns wieder ein ähnlicher
Auftakt gelingen? Die Antwort: Nur zum Teil. Andreas und Edwin holten Remisen
(stark, vor allem Andreas!), aber Martin und ich verloren. Martin hatte
allerdings auch einen FM als Gegner, und der andere F.M. stellte ein wohl
haltbares Endspiel weg.
Tag zwei begann mit
einer vierfachen Nullrunde. Wir hatten Gegner um die 2000 Rating und mehr.
Geärgert haben dürfte sich Martin, der früh in der Eröffnung
danebengriff und danach viel Zeit bis zur Nachmittagsrunde hatte. Erwähnenswert
vielleicht noch, daß ich mal wieder ein Endspiel weggestellt habe.
In der Nachmittags- bzw. Abendrunde stand das Quartett dann natürlich
deutlich unter Zugzwang und mußte punkten. Martin und Edwin hatten
schwächere Gegner. Martin quälte sich aber in die fünfte
Stunde, saß dann seinen älteren Widersacher aber einfach platt.
Edwin lieferte sich eine dramatische Zeitnotschlacht gegen eine junge Gegnerin,
die mit einem Remis endete. Andreas und ich hatten klar stärkere Gegner,
ich erreichte ein Remis, Andreas gar zeigte eine wahre Zertrümmerung
und holte den Punkt. Also immerhin drei aus vier.
Was uns zu schaffen
machte, waren vor allem die jungen Teilnehmer. Hier läßt man
sich allzuoft von der Zahl blenden. In Wirklichkeit sind diese Spieler
bereits viel stärker, oft muß man sogar um's Remis kämpfen,
und für die eigene Rating sind solche Gegner das Undankbarste überhaupt.
A pro pos Überraschungen: Gewonnen wurde das Turnier übrigens
von einem Außenseiter, Marlon Schlawin aus Bochum (2300, Originalzitat
des Preisüberreichers: "...der Schlawiner"). Die osteuropäischstämmigen
Favoriten, ob sie nun Gutman, Fish, Karpatchev, Ivanov oder Golod aus Israel
hießen, fast alles GMs, wurden auf die Plätze verwiesen. Sowieso
mußten die Meister hin und wieder ein überraschendes Remis oder
sogar einen Verlust hinnehmen und fanden sich plötzlich in der nächsten
Runde an einem Katzentisch wieder.
Der dritte Tag begann
fast wieder mit einer Nullrunde, nur Edwin erreichte ein beachtliches Remis.
Martin hatte bei seiner Niederlage gegen einen als schwächer einzustufenden
Gegner in besserer Stellung Remis abgelehnt, aber das Endspiel verpatzt.
Am Bittersten war aber wohl meine Niederlage. Ich verlor nach fünf
Stunden ein Vier-Damen-Endspiel, wobei ich sogar zuerst umwandeln konnte,
aber mit zwei Damen auf dem leeren Brett kein Schachgebot hatte... Und
wieder ein Endspiel weggestellt. Nachmittags waren wir gefrustet. Ich spielte
offen und zerlegte einen papiermäßig etwas schlechteren Gegner
in einer Stunde. Auch Martin gewann, allerdings hatte er auf Verlust gestanden.
Einem späteren Dauerschach wollte sein Gegner ausweichen und lief
sogar in ein Mattnetz. Andreas spielte wieder stark und erreichte ein Remis
in einem Endspiel mit Minusbauer und ungleichen Läufern. Nur Edwin
mußte sich diesmal geschlagen geben.
Der letzte Tag: Vier
Remisen bei Holthusen! Dabei mußten Martin und Andreas leider gegeneinander
spielen. Sie haben ihre Partie nicht ausgekämpft. Edwin fuhr sein
mittlerweile schon viertes Remis ein, während ich lange Zeit gegen
einen sehr jungen Gegner nicht viel hatte und für's Remis sogar genau
spielen
mußte. Der Abend verlief höchst unterschiedlich. Gerechtes Remis
bei mir, Edwin zersägte Martins Punkt aus der fünften Runde und
gewann seine erste Partie. Andreas erhielt endlich mal einen papiermäßig
schwächeren Gegner. Er erreichte ein vielleicht noch geradeso remises
Endspiel, welches er aber wegstellte. Und dennoch: Es blieb ihm in seiner
Ratinggruppe noch ein saftiger Geldpreis. Martin kämpfte fast fünf
Stunden und gewann gegen einen starken, jungen Gegner sogar eine Qualle.
Sein Gegner wollte aber kein Remis und am Ende entschieden für ihn
die starken Freibauern und Martins Igel wurde doch noch zertreten.
Überhaupt: Hier
wird nicht so leicht Remis gegeben. Oftmals werden auch die unmöglichsten
Stellungen einfach ausgezockt, zur Not auf die Zeit des Gegners. In Bad
Zwischenahn gibt es ja auch eine bekannte Spielbank, bei einigen Partien
wäre es sicher angebracht gewesen, diese gleich dort auszutragen!
Uns wurde dann einfach z.T. die mangelnde Erfahrung mit diesen Turnieren
bzw. mangelnde Spielpraxis allgemein zum Verhängnis. Aber es gibt
schon ziemlich abgebrühte und kaltblütige Zocker. So hat z.B.
der spätere Turniersieger einen IM abgezogen, wobei er selber nur
noch 26 Sekunden auf der Uhr hatte. Der IM hatte noch viereinhalb Minuten,
und das ganze bei vollem Brett. Und wie gewinnt man sowas? Mit einem überraschenden
Matt? Nein, indem man einem Dauerschach ausweicht, in ein Endspiel abtauscht,
seine Bauern durchbringt und dabei mattsetzt - mit immer noch üppigen
5 Restsekunden auf der Uhr...
Fazit:
Unsere Ergebnisse
waren durchwachsen, alle holten 2,5 Punkte aus den sieben Runden, nur Edwin
brachte es auf 3 Zähler. Martin besiegte zwei schwächer eingestufte
Gegner, verlor aber alle drei Partien, in denen die Gegner auf dem Papier
stärker waren. Edwin hatte in den ersten sechs Runden vier stärkere
Gegner, seine Ausbeute waren hier immerhin zwei Remis. Doch auch gegen
zwei als schwächer anzusehende Spieler kam er jeweils über Remis
nicht hinaus. Ich verlor insgesamt drei Partien, alles gegen stärkere
Gegner, wobei ich alle Partien in ausgeglichenen Stellungen im Endspiel
versaut habe. Zu verbuchen hatte ich drei z.T. sehr interessante Remisen
gegen zahlenmäßig unterschiedliche Gegner sowie einen Sieg gegen
einen etwas schwächeren Gegner.
Wirklich zufrieden
mit seinem Spiel konnte wohl nur Andreas sein. Er bekam in den ersten sechs
Runden nur stärkere, z.T. klar stärkere Gegner. Dabei gelangen
ihm drei Remis, einen konnte er sogar umhauen. In der Schlußrunde
verfehlte er leider die möglichen 3,5 Punkte und 50%. Aber dennoch
blieb ihm ja der verdiente Ratingpreis.
Hier noch ein paar
Bilder von dem Turnier...
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Andreas zu Beginn
seiner Gewinnpartie. Unser Schlawiner konnte doch tatsächlich sein
Startgeld (und noch etwas mehr) wieder herausholen... |
Ante mortem: Unsere
beiden Spitzencracks Martin und Edwin bei der Vorbereitung auf ihre Partien
der ersten Runde. Genützt hat es nur Edwin... |
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Der Turniersaal. Rechts
am Fenster waren die Topbretter, in der Mitte finden sich dann die Katzentische
wieder. Und ganz links außen irgendwo saßen die Holthuser... |
Vier-Damen-Endspiel
ohne Schachgebot. Schwarz zieht und... verliert. Natürlich hätte
vorher statt der Umwandlung Dh6+ gewonnen. Ja, die Zeitnot. |
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