Traditioneller
Jahresauftakt in Verden
In Verden fanden vom
3.-6. Januar die Landeseinzelmeisterschaften von Niedersachsen statt. Das
ist mittlerweile eine "Neujahrs"tradition, und gehört zum Jahresauftakt
dazu wie Silvesterknaller und Neujahrsröllchen. Dieses Turnier, ausgetragen
im Hotel Niedersachsenhof in Verden, ist mit 260 Teilnehmern mittlerweile
an seine Kapazitätsgrenze gestoßen. Es wurde in einem Meisterturnier
und in 3 Open gekämpft. Wir wohnten diesmal, anders als in den letzten
Jahren, wieder direkt im Spielhotel, anstatt zu pendeln. Da während
der Meisterschaft der Winter einbrach, erwies sich das als gute Entscheidung.
Sebastian, der als
amtierender Vizelandesmeister dafür vorqualifiziert war, startete
im Meisterturnier mit 19 weiteren Teilnehmern, wo der neue Meister von
Niedersachsen ermittelt wurde. Ich ging im A-Open an den Start mit über
80 Mitbewerbern dort. Jeweils wurden 7 Runden gespielt mit der Bedenkzeitregelung
Fischer Kurz.
Schnellschachmeisterschaft
Am 2. Januar reisten
wir an und spielten an dem Tag, quasi um warm zu werden, die Niedersächsische
Schnellschachmeisterschaft, hier ging es über 7 Runden mit einer Bedenkzeit
von 10 Minuten + 5 Sekunden. Sebastian spielte hier sehr erfolgreich und
erzielte 5,5 Punkte, was den 4. Platz bedeutete. Hierbei gelangen ihm Remisen
gegen IM Abel, dem Turniersieger, und FM Armbrust. Die Hoffnung auf einen
Platz bei der Deutschen Schnellschachmeisterschaft als Nachrücker
bleibt.
Ich stand nach 6 Runden
bei 4 Punkten, was ok aussieht, aber der Gegnerschnitt war schlecht. Nach
einem Blackout in der ersten Runde musste man aber noch zufrieden sein.
In der Schlussrunde durfte ich auf einen 5. Punkt und eine gute Placierung
hoffen, aber ging gegen meinen nominell schlechteren Gegner völlig
ein. Damit ein schlechter Auftakt, im Gegensatz zu Sebastian, und dies
sollte sich bei uns beiden in der eigentlichen Meisterschaft dann auch
so fortsetzen.
Ein paar Fotos aus
Verden (zur Vergrößerung bitte anklicken)
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Blick aus dem
Niedersachsenhof.
Nachdem noch auf den
Weihnachtsmärkten die Softeisbuden Konjunktur hatten, stellte sich
der Winter dann doch ein.
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Diesmal wurde
der Saal im Hof
auf der kompletten
Breite genutzt.
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Landesmeisterschaft,
Runden 1-3
Sebastian startete
gegen Böhm (1987 DWZ) mit einem soliden Sieg. Weiß schien zwar
etwas Druck gegen Sebastians Königsstellung zu haben, aber das erwies
sich alles als Sturm im Wasserglas. Die Abwicklung in ein Endspiel mit
zwei Mehrbauern brachte den ersten Punkt. Es folgte eine Weißpartie
gegen Prenzler (2239). Hier ließ keine Seite großartige Schwächen
zu und das Endspiel mit ungleichen Läufern endete erwartungsgemäß
mit einem Remis.
Diesem verhaltenen,
aber sehr soliden Auftakt folgte dann eine recht dramatische Partie gegen
Kleinschroth (2126). Der Gegner spielte recht aktiv am Königsflügel
mit einem Vorstoß der dort befindlichen Bauern, nachdem er, im Gegensatz
zu Sebastian, lang rochiert hatte. Sebastian musste zwei kritische Momente
überstehen, in denen der Gegner jeweils den Gewinn ausließ (einmal
eine relativ simple Springergabel, siehe Diagramm) bis er den Gegner in
dessen Zeitnot vor Probleme stellen konnte. Am Ende kassierte Sebastian
reichlich Material ab und konnte den Punkt einfahren. Durchaus etwas glücklich,
aber eine kämpferische Partie. 2,5/3 waren eine gute erste Hälfte bzw. ein
guter Auftakt und ließen alle Chancen auf den erhofften Titel.
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Müer - Kleinschroth
Stellung nach dem
31. Zug von Schwarz
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32. Sb3? hätte
auf die Verliererstraße führen sollen nach 32. ... dxe4, was
d5 für den Springer räumt, auch fxe4 verhindert das nicht wegen
des Abzuges des Le5. Es folgte 33. Sc5, nun hätte Sd5 für einen
nachträglichen Silvesterkater bei Sebastian gesorgt, aber nach exf3?
gewann nunmehr er selber.
Für mich verlief
es weniger gut, aber noch nicht dramatisch. Gegen den ersten Gegner, 2158,
wählte ich eine neue Eröffnung, wobei ich in der dann von ihm
gespielten Variante den richtigen Zug verpasste, was mich in eine etwas
passive Lage brachte. Ohne viel eigenes Spiel konnte ich die Partie zwar
lange hinschleppen, aber geriet nach und nach auf die Verliererstraße
und musste die Null kassieren.
Gegen 1813 mit Weiß
musste ich in der Eröffnung auch improvisieren, aber immerhin bekam
ich das Läuferpaar und er hatte einen Isolani. Jedoch war er recht
aktiv, sodaß man von ungefährem Ausgleich sprechen konnte. Als
er auf Angriff am Königsflügel ging, hatte er bereits eine Remisschaukel,
aber spielte etwas anderes und in meinem Gegenangriff verpasste ich selber
zunächst einen Gewinn, der aber nicht leicht zu sehen war und dann
die Abwicklung in ein gleiches Endspiel und erlaubte ihm ein Dauerschach.
Wie folgt:
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Modder - Brunner
Stellung nach dem
23. Zug von Weiß
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Ich habe eine Figur
mehr, aber Schwarz kann Remis machen mit der Schaukel Sh3 und Sf2. Jedoch
wollte er gewinnen und machte 23. ... exf3? 24. Lc4+ S6-d5, aber ich fand
nun den Gewinnzug g3 nicht. Stattdessen 25. Lxd5+ Sxd5, und nun konnte
ich mit Dg3 in ein Endspiel abwickeln nach Damentausch auf g3 und Bauerntausch
auf g2, wonach die Stellung spielbar ist. Das sah ich, wählte aber
25. Dxd5+ in der Erwartung Kh8 Lxg7 mit Vorteil, aber es war ein völliger
Blackout, denn ich übersah einfach Tf7... Danach blieb mir nur das
Dauerschach. Der Kopf funktionierte also nicht richtig. Vielleicht kann
man g3 mal übersehen, aber Tf7 sollte man drinhaben.
Dieses Remis war unbefriedigend,
genauso wie das Folgende in Runde 3 gegen 1847. Die Eröffnung behandelte
mein Gegner schlecht und ich hätte bereits deutlichen Vorteil erzielen
können. Nachdem ich dies verpasst hatte, war die Stellung ausgeglichen
und ich holte mit Schwarz nichts mehr heraus. Immerhin hatte mein Gegner
an diesem Tage Geburtstag, da schien ein kleines Geschenk doch angebracht!?
1,0/3 und ein nicht so großartiger Schnitt, aber ein Drama war es
noch nicht. Das kam noch erst.
Runden 4-5
In Runde 4 wartete
auf Sebastian FM Armbrust (2260) mit Schwarz. Dieser spielte etwas
recht Untheoretisches und gab auch vorübergehend einen Bauern, den
Sebastian später zurückgab. Aber hier spielte er ungenau und
musste einen zweiten Bauern ins Geschäft stecken. Weiß verfügte
am Ende sogar über zwei Mehrbauern, als sich eine unerwartete Rettungschance
für Sebastian auftat:
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Armbrust - Müer
Stellung nach dem
27. Zug von Schwarz
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Weiß steht hier
sicherlich auf Gewinn. Beide waren aber etwas in Zeitnot und 28, Dc3? mit
der verständlichen Idee eines Damentausches bot Sebastian plötzlich
eine Remischance. Da er aber einen Damentausch gedanklich ausschloss, fand
er nicht den richtigen Weg: 28. … Le3+ 29. Kh1 und jetzt wäre richtig
gewesen 29. … Dxc3! 30. Sxc3 Td2! nebst einem wahrscheinlichen Remis.
Das war bitter, und
es wartete danach auch noch IM Plischki (2344) in Runde 5. Damen und Springer
waren schnell vom Brett und es ging in eine Lavierstellung über. Hier
konnte Schwarz nach und nach Vorteile verbuchen. Aber beide griffen nicht
immer zum Genauesten und einmal verpasste Sebastian auch eine Remisabwicklung.
Dann erreichte der Internationale Meister eine Gewinnstellung, aber die
Partie nahm ein dramatisches Ende:
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Müer - Plischki
Stellung nach dem
41. Zug von Weiß
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Die Zeitnot ist vorbei.
Schwarz gewinnt durch den Vormarsch des d-Bauern. 41. … Ta-g2? hätte
nun aber zum Remis führen sollen mit 42. Tf2! Schwarz muss dann dort
nehmen und nach Umwandlung ins Dauerschach einwilligen. Sebastian spielte
aber 41. Txa6, wonach Th3 Schwarz noch Gewinnchancen eingeräumt hätte.
Nach 41. … Kb7 konnte Sebastian aber doch noch auf die zweite Reihe gehen
mit 42. Ta2, wonach man sich auf Remis einigte, die Partie würde dann
enden analog der oben skizzierten Idee. Mit 3,0/5 war Sebastian nun nicht
mehr erster Anwärter auf den Titel, aber endgültig abgefahren
war dieser Zug auch noch nicht. Zumal sich kein Spieler oben absetzen konnte.
Bei mir lief
es extrem schlecht. In Runde 4 (gegen 1799) spielte ich eine scharfe Variante,
die ich aber ungenügend vorbereitete. An einem Punkt kam ich dann
auf das Opfer von zwei Figuren, um den Gegner mattzusetzen, statt einen
soliden Zug zu spielen. Meine Variante hatte aber ein Loch, ich sah ein
Fluchtfeld nicht, dass dem König zur Verfügung stand. Ähnlich
sollte es übrigens Sebastian in der nächste Runde gehen, doch
dazu gleich. Dieser Blackout zeigte erneut, dass etwas nicht stimmte. Nach
einer weiteren Niederlage in Runde 5 strich ich die Segel und spielte die
beiden Schlussrunden nicht mehr. Manchmal streikt der Denkapparat einfach.
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Union in Union.
Rechts Marc Schütte
und daneben sein
Mannschaftskamerad
Sebastian in der Schlußrunde.
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Ehre wem Ehre
gebührt: Die Plätze 1-5.
v.l.: Prenzler, Tonndorf,
Plischki, Armbrust, Müer.
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Runden 6-7
Sebastian musste
die beiden letzten Partien gewinnen, um noch Chancen auf den Turniersieg
zu haben. Mit Schwarz gegen Vöge (2203) peitschte Sebastian auch streng
los und spielte im Grunde genommen eine Glanzpartie: Ambitionierte Eröffnung,
sehr viel Druck und klare Pläne. Sein Druckspiel am Königsflügel
war an einem Punkt etwas umständlich, aber er erreichte folgende Gewinnstellung,
Diagramm 1:
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Vöge - Müer
Stellung nach dem
33. Zug von Weiß
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Vöge - Müer
Stellung nach dem
36. Zug von Weiß
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In Diagramm 1 spielte
Sebastian 33. … d5! 34. cxd5 c4 35. De2 Lg3+ 36. Kd2 und Diagramm 2 wurde
erreicht. Hier nun sah Sebastian, dass b3! gewinnen muss, aber plötzlich
sah er einen Damengewinn, der vorher schon mal auf der Agenda stand: Die
Idee war 36. … c3+ 37. bxc3 Tf2 38. Sxf2 Dxc3#. Allerdings, Dxc3 ist kein
Matt, der König hat mittlerweile das Feld d1 zur Verfügung, was
Sebastian nach c3+ dann auch sah… Hier konnte er froh sein, dass er noch
in ein Remis kommen konnte, aber es war natürlich sehr ärgerlich.
Jedoch, wenn man an die Plischki-Partie denkt, kann man sagen, ausgleichende
Ungerechtigkeit.
In der letzten Runde
gegen Polster (1988) gelang Sebastian dann noch ein recht ungefährdeter
Sieg mit Weiß. Der Gegner wählte eine Eröffnung, in der
er einen Springer für drei Bauern gab, aber setzte nicht genau genug
fort und Sebastian erhielt schnell gutes Spiel und brachte es problemlos
nach Hause. Somit hatte er am Ende 4,5/7, was den 5. Platz bedeutete. Allerdings
war er damit nur ½ Punkt hinter dem 1. Platz geblieben. Die drei
Erstplacierten waren punkt- und buchholzgleich – der Titel ging also über
die Summenwertung weg, was bei den Zweit- und Drittplacierten natürlich
für Begeisterungsstürme sorgte. Glückwunsch aber an den
neuen Meister Daniel Prenzler!
Fazit
Sebastian hat etwa
25 DWZ-Punkte gewonnen und für ihn war das letztlich ein guter Auftakt
in das Schachjahr, auch wenn es mit dem gewünschten Titel nicht geklappt
hat. Mit einer Performance von annährend 2300 ist er auf dem richtigen
Weg. Allerdings hat er auch noch das ein oder andere aufzuarbeiten (Partien
gegen Kleinschroth und Plischki, dagegen ist der Fehler in der Vöge-Partie
einfach ein Versehen gewesen). Bei mir folgte auf mein bisher bestes (Sottrum
2015) mein schlechtestes Turnier. Das gilt es nun zu verdauen und die Verluste
wieder hereinzuholen. Dazu gibt es schon bald Gelegenheit beim Nordwest-Cup
in Bad Zwischenahn.
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Hier noch der Link
zum Turnier:
Ergebnisse
beim NSV
- frank modder,
09.01.2016
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Die Jugend in
Verden erwies sich einmal mehr als harter Gegner. Aber Vorsicht! Noch während
der Siegerehrung rüstete die ältere Generation nach. 2017 kann
also kommen!
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