- Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft -
Qualifikation in Düsseldorf
24.03. - 26.03.
 

Sebastian mit lange vernünftigem Turnier - und Schlußrundendrama
 
Zu Gast bei den Amateuren

DSAM? Ah, dieser Amateur-Punk-Kram! Die Deutsche Amateurmeisterschaft musste bislang ohne uns auskommen. Aber dieses Mal gab es kein Entrinnen: Auf ging es zum Qualifikationsturnier in Düsseldorf! Das Hilton-Hotel musste unsicher gemacht werden.  Motto der Gesamtveranstaltung ist 7 hoch 3. Also 7 Qualifikationsturniere in 7 Wertungsgruppen mit 7 Qualifikanten pro Gruppe. Wer in der Schule aufgepasst hat weiß, dass das 343 Teilnehmer für das Bundesfinale bedeutet. Sebastian spielte in der Top-Gruppe, die eine DWZ von 2100-2300 umfasste. Ab 2301 ist man dann nicht mehr Ama- sondern Profi-teur.

Letztlich war die Qualifikation für das Bundesfinale, was im Rahmen des - mittlerweile eher berüchtigten als berühmten!? - Schachgipfels stattfinden sollte, aber nicht so dramatisch wichtig. Es wäre ja nur ein weiteres Turnier in einer Wertungsgruppe, man bekommt da keine freie Kost und Logis analog des Deutschen Pokals, wenn auch die Möglichkeit, sich für die DEM zu qualifizieren. Aber immerhin war Düsseldorf mal wieder ein Wochenendturnier, und das auch ohne die Covid-Kids. Ich halte die Partiebesprechungen diesmal etwas kurz (bis auf die letzte Runde) und die Anmerkungen eher allgemein.

Freitag

Die morgendliche Auftaktrunde brachte einen Gegner mit ca. 2100, Jg. 66. Mit Schwarz. Also dreimal Schwarz im Turnier waren zu vermuten. War das Ziel also, jeweils mit Schwarz zu remisieren und mit Weiß zu gewinnen? Denn 3,5 Punkte reichten bei allen vorherigen fünf Quali-Turnieren für einen Platz unter den ersten Sieben. Nicht unbedingt - die Quali war wie gesagt nur ein Aspekt. Und hier sollten 3,5 Punkte am Ende ausnahmsweise nicht definitiv reichen.

In der Eröffnung stand Sebastian schlecht. Sein Gegner hätte einen Mehrbauern nebst sichererem König haben können. Die Rechner schlagen da schon aus wie ein Geigerzähler auf Three Miles Island. Aber in der Praxis ist das alles nicht so leicht. Bast konnte die Kernschmelze abwenden, riss nach und nach das Ruder an sich und hatte später zwei Mehrbauern. Die Partie dauerte fast 80 Züge - natürlich wie immer eine der Letzten im Saal. Ein nachweisbarer Gewinn war aber nur an einer Stelle drin:
 

Sebastian mit Schwarz am Zug
Am Brett in Runde 1

Hier spielte Sebastian 47. … Tf2, wonach er nach 48. Kd1 (nur) noch praktische Chancen hatte, die sein Gegner durch harte Verteidigung aber zunichte mache konnte. Gewonnen hätte 47. … b3+ 48. axb3 und jetzt der Vormarsch 48. … a3. Es folgt a2, und falls der König nach b1 geht, um nach a2+ den a-Bauern zu verfuttern, schluckt Schwarz mit Tf2 den nunmehr gefesselten Ld2 ein.

Am Nachmittag ging es aber schneller: Weiß gegen einen gleichaltrigen Gegner mit knapp 2100 brachte einen Sieg in etwas mehr als 20 Zügen. Das war mal gut für den Kräftehaushalt. Der Gegner hatte einen Zwischenzug übersehen:

Sebastian - Pietzsch 1:0
 

Bast vor dem letzten Zug: fxe3.

Samstag

Die Frührunde begann eine Stunde eher als am Vortag, nämlich um 9 Uhr. Am Sonntag dann eigentlich nochmal eine Stunde früher - wegen der Umstellung auf Sommerzeit. Schwieriger Gegner: Schwarz gegen einen 20jährigen mit 2150. Aber erneut gab es einen nach Zügen schnellen Sieg für den Oldenburger Vorkämpfer: Weiß hatte „vergessen“ zu rochieren, was er dann nur unter Aufgabe einer Figur nachholen konnte:

P. Richter - Sebastian 0:1

Gute Ergebnisse also! Nun 2,5 aus 3. Ein starkes Turnier bislang. Für die Qualifikation bräuchte man noch einen Punkt aus zwei Partien. Bast meinte, ein Weißremis jetzt wäre ja nicht so toll, dann müsste man mit Schwarz nochmal remisieren. Mein stumpfer Einwand „Aber wenn Du verlierst, musst Du mit Schwarz sogar gewinnen“ wurde gekontert mit „Aber dann weiß man , woran man ist“. Ja, wir hatten auch Spaß im Dorf an der Düssel!

Und natürlich kennt Sebastian eh nur den Vorwärtsgang. Der Nachmittagsgegner war - hatte ich es erwähnt? - unangenehm: Mitte 20, 2100 ELO, 2150 DWZ. Hatte aber auch schon deutlich besser performt. Also unklar, was da auf einen zukam. Doch die Partie lief in die Richtung von Weiß:

Sebastian - Riemland 1/2

Da hätte man dem Gegner noch ein "D" vor seinem Namen gewünscht. Eine insgesamt solide Partie, aber nach e5 stand man wohl auf Gewinn.

Sonntag

Bislang ein gutes Turnier mit einem moderaten Plus von etwa 10 ELO-Punkten. Sonntag früh gab es dann die letzte Runde im Turnier und den nominell bis dato stärksten Gegner: Mitte 20 mit einer ELO etwa im Bereich von Sebastian (2208), wobei er allerdings schon mal über 2300 hatte. Weiß wurde überrascht von Sebastians Eröffnungswahl und improvisierte - er spielte eine Variante, die er selbst zu wenig kannte. Dabei beging er einen typischen Fehler. Sebastian überrollte dann wie im Lehrbuch seinen Gegner und die Partie hätte nach gut 20 Zügen vorbei sein müssen - doch dann nahm das Elend seinen Lauf:

L. Richter - Sebastian 1:0

Was soll man dazu sagen? c2 war ja einfach genug mit der Restbedenkzeit… Ein Drama. Aber so kann Schach halt auch sein. Bleibt mir nur der Blick nach vorne und ein Zitat von Che Guevara: „Sie können alle Blumen abschneiden. Den Frühling können sie nicht aufhalten.“

Schachgeschichte

Welcher große Meister hat nicht einen solchen Fettfleck in seiner Vita. Mehrere gleich hat der deutsche Vorkämpfer Robert Hübner, dessen Fettnäpfchen gegen Petrosian 1976 mir sofort in den Sinn kam, wo ihm Ähnliches widerfuhr - im Kampf um einen Platz im Kandidatenturnier. Das sind dann also wieder die Profi-teure. Hier unser Ausflug in die Schachgeschichte:

Hübner - Petrosian 0:1, Interzonenturnier in Biel 1976

Fazit

Das Format war interessant: Man bekommt Gegner in der eigenen Wertungszahl-Umgebung. Mit einem Sieg in der letzten Runde hätte man 20 ELO gutgemacht, so war es wieder eine Nullnummer. Die verpasste Qualifikation für das DSAM-Finale ist nicht so schlimm. In dem Zeitraum gibt es auch andere interessante Turniere - wie z.B. Pardubice!

Hier noch der Link zur Turnierseite:

DSAM

- frank modder, 29.03.2023
 

Der Rhein war gleich nebenan