Nach 2015
verschlug es uns zum zweiten Male nach Capelle la Grande, eine französische
Gemeinde (ca. 8000 Einwohner) am östlichen Eingang des Ärmelkanals
gelegen. Capelle wird vom Kanal nur durch die größere Stadt
Dünkirchen getrennt (ca. 90.000 Einwohner). Und die kennt man natürlich
auf Grund ihrer militärhistorischen Bedeutung.
5 Stunden Fahrt kann
man verkraften. In Dünkirchen hatten wir eine kleine Ferienwohnung
mit 75qm. Selbstverpflegung war angesagt! Die Vorräte, die wir mitnahmen,
hätten auch noch für eine weitere Turnierwoche gereicht… Das
Open hatte 9 Runden, Bedenkzeit Fischer Kurz, Einzelrunden waren der Normalfall,
an zwei Tagen gab es Doppelrunden.
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Arbeitsplatz in
Capelle
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Bei der Analyse
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Covid-Boys
Capelle hat ein doppelt
beschleunigtes Lossystem in einem großen Open für alle Spielstärken.
Das führte z.B. beim Open 2015 für Sebastian zu einem üblen
Ping-Pong-Spiel: 2400 - 1800 - 2400 - 1800 - 2500 - 1600 usw. Diesmal war
es für ihn nicht besser. Bei mir lief es ähnlich. Irgendwann
fand ich mich gegen 1300 und 1400 wieder.
Aber die Zahlen sind
sehr verwunderlich. Massenhaft gewannen 1900er/2000er gegen 2200 und 2300,
es gab sogar 1100er (wohl französische Zahlen, die Leute hatten dann
keine ELO) die aufdrehten: So saß in Runde 7 ein 1100er an einem
der vorderen Tische mit 4,5/6 und spielte gegen IM. Das war nicht nur dem
System geschuldet: Er hatte u.a. gegen 2100 gewonnen… Und das war, wie
gesagt, nicht die Ausnahme.
Auch ich hatte mit
einem 1300er-Jungen meine liebe Mühe und Not. Sebastian zog zweimal
gegen 1900 den Kürzeren - und gegen einen 2000er, der im Turnier schon
2300er und 2400er-Skalps hatte. Wir nennen solche Leute scherzhaft Covid-Boys
- also Kids bzw. Jugendliche, die in den letzten 1-2 Jahren kaum gespielt
haben, deren Zahl also nicht stieg, die aber durch Training und Online-Aktivitäten
bereits deutlich zugelegt haben, was sich auf dem Papier aber noch nicht
zeigt. Und die jetzt wieder ans Brett gehen.
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Palast der Künste
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Runde 3
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Das Turnier
Zum schachlichen Teil:
Hier gibt es wenig Erfreuliches. Ich konnte mal wieder meine Zahl gegen
Schwächere nicht darstellen. Nur 2,5/4 gegen 1700er… Aber wie gesagt!
Zwei Siegen gegen noch schlechtere Gegner standen dann drei Nullen gegen
2200ern gegenüber. Darunter ein junger FM und ein IM. Da verliert
man in Summe ein paar ELO-Punkte. Weiter unten zwei kleine Partieausschnitte.
Sebastian verlor zum
Auftakt gegen den an „2“ gesetzten GM Fedorchuk, leider dann auch noch
gegen einen Covid-Boy mit 1900. Der hat dann gleich in der nächsten
Runde einen IM ausgepeitscht, immerhin konnte sich der Meister da noch
in ein Remis retten… Aber - wie gesagt!
Es folgten drei Siege
in Folge, bevor der nächste verdächtige 1900er kam. Sebastian
stand vernünftig, ein vierter Sieg en suite war möglich, aber
der Gegner spielte sehr streng. Im Endspiel hätte Sebastian zum Remis
abwickeln sollen, wollte aber zuviel und wurde überspielt. Damit war
das Turnier natürlich endgültig versaut.
Es folgten noch zwei
klare Siege gegen 1800 und 1900 und am Ende der dritte Jugendliche mit
2000. Und diese Partie ging nach einem Fehler in der Eröffnungsphase
letztlich verloren. Hier auch zwei Partieausschnitte von Sebastian:
Partieausschnitte
Frank
- Aggoune (1750) 1:0. Nach ausgelassenen Chancen musste
ich ein trübes Endspiel kneten.
Frank
- IM Mannion (2280) 0:1. Gegen den schottischen IM hatte
ich Remischancen im Endspiel.
Kocur
(1800) - Sebastian 0:1. Eine wundersame Rettung einer verlorenen
Stellung. Diesmal kein jugendlicher Gegner, sondern ein älteres Semester
- und auch die Alten können sich ins Brett verbeißen! Sebastians
Rettung ließ Lazarus wie einen blutigen Anfänger aussehen.
Duson
(1980) - Sebastian 0:1. Vielleicht die beste Partie von
ihm. Eine Einbahnstraße.
Fazit
Das Turnier ist gut
organisiert, die Spielbedingungen und Rundenansetzungen sind vernünftig.
Das Lossystem ist aber nicht allzu glücklich. Man müsste mehr
Leute bekommen, die nicht so weit von der eigenen Spielstärke wegliegen.
Darauf wartet man aber lange. Ansonsten jedoch ein guter Trip. Der Ort
ist nett, die Unterkunft war gut - und auf dem Nachhauseweg bekamen wir
auch noch Rückenwind von Zeynep. Wenn man DEN Schwung in die nächsten
Turniere mitnehmen kann, sollte einem nicht Bange sein!
Hier noch der Link
zur Turnierseite:
Capelle
la Grande Open
- frank modder,
01.03.2022
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Turnierarena
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